Vorsicht Nachbarn!

Sobald eine Immobilie verkauft werden soll, melden sich oft die Nachbarn mit scheinbarem Kaufinteresse. Dann müssen Eigentümer taktisch klug agieren.

Es ist keinesfalls unüblich, dass Nachbarn oder deren Bekannte Interesse haben, ein Haus oder eine Wohnung in der unmittelbaren Nachbarschaft zu erwerben. Professionelle Makler freuen sich stets, wenn sie die Nachbarn über den anstehenden Verkauf informieren dürfen. „Jetzt können Sie sich Ihre Nachbarn selber aussuchen!“, animiert der Immobilienexperte und freut sich über entsprechende Empfehlungen. Jedoch verlässt sich der Profi keinesfalls nur auf Tipps sondern spielt die gesamte Vermarktungs-Klaviatur. Anders verhält es sich beim Privatverkäufer.

Die Nachbarn sind meist die Ersten, die von der anstehenden Veränderung erfahren und nicht selten zeigt der eine oder andere Interesse an der Immobilie. ‚Das ist aber ein Glück‘, denken sich die Eigentümer, ‚kaum über den Verkauf nachgedacht und schon zappelt der erste Interessent an der Angel‘. Dieser Interessent muss sich natürlich erst einmal informieren, die Immobilie in Augenschein nehmen und mögliche Umbauten prüfen. Die notwendige Finanzierungszusage ist auch noch nicht in Sicht, da müssen noch Gespräche mit der Hausbank geführt werden, das dauert eben. Die Eigentümer zeigen sich da verständnisvoll und geduldig. Und so können erst Tage, dann Wochen vergehen, in denen der Verkauf der Immobilie nicht beginnen kann. Wenn dann der Eigentümer irgendwann um eine verbindliche Entscheidung des Nachbars bittet, zeigt sich, das Warten lohnt nicht, ganz im Gegenteil, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.

Ein Rentnerpaar aus dem Kölner Raum hatte sich entschlossen die Ferienwohnung im Allgäu zu veräußern. Durch die Entfernung von über 600 Kilometern sollte eigentlich eine ortansässige Maklerin den Auftrag übernehmen. Sie hatte die Wohnung bereits besichtigt, kannte das Umfeld und hatte sogar den ein oder anderen Interessenten für das Objekt.

Da meldete Nachbar A aus der angrenzenden Wohnung sein Kaufinteresse an. Er wäre sehr am Erwerb der Wohnung interessiert und könne sich vorstellen beide Einheiten zu verbinden, sofern dies technisch möglich sei. Da nun ein „heißer Kaufinteressant“ aus dem direkten Umfeld vorlag, wurde der Maklerin der Vermittlungsauftrag natürlich rechtzeitig wieder abgesagt.

Doch kurze Zeit später kam es zu Differenzen zwischen den Nachbarn, es wurde ein niedriger Verkaufspreis angeboten und die Kaufentscheidung war plötzlich abhängig von zusätzlichen Bedingungen. Kurze Zeit später wurde die gesamte Transaktion aufgegeben.

Nun sprang jedoch ein weiterer Nachbar B in die Bresche, der ebenfalls vom anstehenden Verkauf erfahren hatte. Dieser wollte die Wohnung lediglich als Investment und stellte weniger Ansprüche als der Vorgänger. Dem Rentnerpaar lief derweil die Zeit weg, denn sie wollten wieder zurück ins Rheinland. Es wurde ein Vorvertrag geschlossen, der den Rahmen für den anstehenden Notartermin regelte. Allerdings sollte die Wohnung vorher geräumt werden, was zu Lasten der Eigentümer ging. Gesagt, getan, früher oder später hätte man sowieso seine privaten Dinge aus der Wohnung entfernt und den Rest entsorgt.

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Die Verhandlungs-Position wird nicht besser mit nur einem Interessenten

Leider kam es nun auch mit diesen Interessenten zu Unstimmigkeiten, wieder wurden nachträglich Forderungen gestellt und Preiszugeständnisse eingefordert. Dem Rentnerpaar drohte, den einzigen Kaufinteressent zu verlieren, während man gleichzeitig die geliebte Wohnung schon in den Zustand „unbewohnbar“ versetzt hatte.

Verständlicherweise hatten die Rentner letztlich wenig Lust daran, erneut mit der Vermarktung zu starten und gaben um eine fünfstellige Summe nach, damit es endlich zu einem verbindlichen Kaufvertrag beim Notar kam.

Der beschriebene Vorgang ist kein Einzelfall. Immer wieder stören Nachbarn, denen man ein „gefühltes Vorkaufsrecht“ bei einer Immobilie einräumt. Meist geht es ums Geld und zusätzliche Vorteile, denn diese Nachbarn spüren sehr genau, dass sie als einziger Interessent in einer günstigen Verhandlungsposition sind.

Wie könnte es erfolgreicher ablaufen?

Die Nachbarn erfahren ja meist früh, dass eine Verkaufsabsicht vorliegt und sind damit vor dem Start der Vermarktung informiert. Melden sich diese Nachbarn beim Eigentümer, dann darf man dieses Interesse durchaus begrüßen. Jedoch sollte man unmissverständlich zu erkennen geben, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt die eigentliche Vermarktung, in Form von Anzeigen, Besichtigungen, etc., startet und es keine Verzögerung geben wird. Das Ziel sind möglichst viele (echte) Kaufinteressenten, denn nur so wird der beste Preis erzielt.

Selbst wenn der Nachbar den Wunschpreis sofort akzeptiert, sollte dieser noch ein wenig bangen, dass nicht ein anderer Interessent mehr bietet. Aber dieses Vorgehen fällt vielen Eigentümern nicht leicht, fürchtet man doch eine gute Beziehung zu gefährden. Hier macht sich der Auftrag an einen Makler bezahlt, denn dann kann man auf eine so genannte „höher Instanz“ verweisen.

„Lieber Nachbar, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie unsere Immobilie kaufen. Jedoch habe ich bereits (verbindlich) einen Makler beauftragt und der will in zwei Wochen mit der Vermarktung starten. So erfahren wir, wie gefragt die Immobilie ist und welcher Preis erzielbar ist, danach können wir uns gerne mit dem Makler zusammensetzen.“ 

Oder gibt es einen Grund, dass der Nachbar Ihre Immobilie zum Sonderpreis kaufen darf? Wohl kaum, denn der Nachbar hat ja spezielle Gründe, warum ihn gerade diese Wohnung oder dieses Haus reizt. Und deshalb könnte der Nachbar auch derjenige sein, der den höchsten Preis zahlt.

Konkurrenz belebt das Geschäft – man muss diese Konkurrenz aber auch zulassen.

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